BAföG für Alle!

Es braucht einen gesellschaftlichen Paradigmenwechsel von der vereinzelten Alltagsbewältigung hin zur gemeinschaftlichen Gestaltung humaner Lebensbedingungen. Dafür sind Hochschulen und ihre Mitglieder im Interesse der Allgemeinheit entscheidend. Deswegen braucht es ein “BAföG für Alle”, das dem Studium als gesellschaftlich notwendige Arbeit gerecht wird und den sozial offenen Hochschulzugang sowie das Recht auf Bildung realisiert.

Der massive Ausbau des BAföGs zum Studienhonorar ist dringend erforderlich: 76 Prozent der Studierenden, die nicht bei der Familie wohnen, leben unterhalb der Grenze der sog. „Armutsgefährdung“. Der größte Teil der Studierenden muss ihr Studium durch die Eltern (82 Prozent) und die eigene Erwerbsarbeit (63 Prozent) finanzieren. Kein Wunder, denn der Anteil der BAföG-Empfänger*innen beträgt heute nur noch 11 Prozent der Studierenden. Zum Vergleich: Bei der Einführung 1971 waren es 44 Prozent. Die Unterfinanzierung der Ausbildungsförderung führt dazu, dass das erkämpfte Recht auf Bildung wieder stärker zum Privileg für Wenige verkommen soll, wie auch der Rückgang der Studienanfängerquote seit 2013 zeigt. Die soziale Selektion im Hochschulbereich hemmt die persönliche und gesellschaftliche Entfaltung, die in einer von Wissenschaft durchdrungenen Gesellschaft (inkl. Produktion) erforderlich ist. Diese ist aber erforderlich, um das geistige und produktive Potenzial der Gesellschaft zu heben und Lösungsansätze für Krisen des Kapitalismus (u. a. Klimawandel, Kriege, Armut, Pandemien) zu entwickeln. Lediglich 3,38 Milliarden wurden 2023 für BAföG ausgegeben.1

Das Geld für diese Maßnahme ist da, jedoch nicht mit der aktuellen liberalen Austeritätspolitik. Die Schuldenbremse könnte aufgehoben werden, oder es könnten zumindest auch Sondervermögen für die Bildung ausgeschrieben werden.
Spätestens seit dem 100 Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr ist klar: Geld ist genug da, wenn der politische Wille da ist. Es braucht eine soziale Wende zum Ausbau des Sozialstaats und kulturvoller, ziviler Entwicklung – und dafür die Bewegung. Die für die Militarisierung zum Schaden der Bevölkerung aufgewendeten Mittel lassen sich allgemeinwohlfördernd und produktiv einsetzen. Statt andere Länder in Kriegen zu unterstützen und das Militär aufzurüsten, sollten wir erstmal vor der eigenen Haustür kehren und dafür sorgen, dass die sozialen Nöte der eigenen Bevölkerung gelöst werden. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung wäre das BAföG für Alle, um auf die aktuell schlechte finanzielle Situation vieler Studierender aufmerksam zu machen und gegen diese anzukämpfen.

Aktive der Linken Liste SDS stehen hinter einem Banner auf Welchem steht: "BAFÖG GÜR ALLE! Investieren in Köpfe nicht in Kriege"
BAföG für alle! Investiert in Köpfe, nicht in Kriege!

Die Linke Liste SDS beteiligt sich und unterstützt deswegen den Kampf um das „BAföG für Alle“: 

Mindestens 1200 € monatlich und inflationsangepasst, weil Studierende „geistige Arbeiter*innen“ sind und auch dieser Arbeit angemessen entlohnt werden sollten. Niemand sollte in Armut leben! Alle sollten durch Bildung und Wissenschaft ihr volles Potenzial zur Verbesserung der Welt entfalten können. Eine ausreichende Grundversorgung ermöglicht Studierenden, dass sie keine Berufe mehr annehmen müssen, was die Aufmerksamkeit von ihrem Studium ablenkt.

Rückzahlungsfrei, weil Studierende keine Schulden aufnehmen sollten, ohne sicher zu wissen, wie sie diese zurückzahlen können. Studieren ist eine Arbeit und sollte auch als solche entlohnt werden. Jeder ins BAföG investierte Euro ist zudem ein mehrfaches Gewinngeschäft für die Gesellschaft. Der Fachkräftemangel wird bekämpft, weil die Studierenden ihr Studium schneller abschließen können.

Unbefristet, weil kooperatives und produktives Lernen von Zeit- und Leistungsdruck nur eingeschränkt wird. Weil das neoliberale Dogma von „Fordern und Fördern“, dass der Mensch von Natur aus faul sei, gründlich widerlegt und zu beenden ist. Denn der Mensch realisiert sein Menschsein durch Arbeit, also die bewusste, kooperative Gestaltung und Aneignung seiner gemeinschaftlichen Lebensbedingungen. 

Altersunabhängig, weil Lernen keine Frage des Alters ist. Im Gegenteil ist lebenslanges Lernen bedeutsam für Arbeit und Gesellschaft, sowie als grundlegendes Menschenrecht dringend zu verwirklichen. 

Elternunabhängig, weil Studierende unabhängig von der finanziellen Situation und politischen Einstellungen ihrer Eltern die gleichen Bildungschancen haben sollten. Viele Eltern können oder wollen den geforderten Beitrag zur Finanzierung des Studiums nicht leisten, was die finanzielle Belastung auf die Studierenden selbst abwälzt. Das Geld einzufordern ist oft mit vielen Schwierigkeiten, im schlimmsten Fall juristischen, verbunden, welche wiederum vom Studium ablenken.  Das führt oft dazu, dass Studierende neben dem Studium arbeiten müssen, was wiederum die Studienzeit verlängern und die Konzentration auf die Ausbildung erschweren kann. Ein elternunabhängiges BAföG würde die Eigenständigkeit der Studierenden stärken, soziale Ungleichheiten abbauen und sicherstellen, dass der Zugang zu Bildung nicht vom familiären Hintergrund abhängt.

Herkunftsunabhängig, weil Bildung eine international kooperative Angelegenheit ist. Wissenschaft kennt keine Grenzen. Angesichts dessen, dass der Reichtum hierzulande auf 500 Jahre Kolonialismus und gewaltsamer Ausbeutung des globalen Südens beruht, ist die Bildungsförderung Studierender aus aller Welt elementares Recht und ein Minimum. Zur Lösung der globalen Probleme, die nun mal mehrheitlich die Industrienationen geschaffen haben, kann es gar nicht genug internationalen Austausch und Wissensverbreitung sowie -vermehrung geben. 

  1. https://www.datev-magazin.de/nachrichten-steuern-recht/recht/14-mehr-ausgaben-fuer-bafoeg-leistungen-im-jahr-2023-129336 ↩︎